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DIE SACHE MIT DER SÄURE

Menschen, die Kaffee mögen, sorgen sich oft wegen der darin enthaltenen Säuren.
Doch Säure ist nicht gleich Säure und Kaffee ist nicht gleich Kaffee. Dass ein Wein ohne Qualitätssäuren kein guter Wein ist, würden Liebhaber sofort unterschreiben. Ebenso verhält es sich mit gutem Kaffee. Aber von Anfang an: Tatsächlich enthält Rohkaffee einen hohen Anteil schlecht verträglicher Säuren. Dieser schwankt z. B. je nach der Kaffeesorte, den Wachstumsbedingungen und der Verarbeitung nach der Ernte. Gleichzeitig schlummern in den Bohnen bereits die feinen Qualitätssäuren, die einmal die individuellen Geschmackscharakteristika in der Tasse ausmachen werden – wenn man sie lässt.

In welchem Umfang unerwünschte Säuren verschwinden und die besonderen Aromen hervortreten, liegt in den Händen des Röstmeisters. In langen Röstprozessen bei niedrigen Temperaturen bleiben die harmonisierenden Qualitätssäuren erhalten, während aggressive Säuren zum größten Teil abgebaut werden. Zum Vergleich: In Tangermünde rösten wir den Rohkaffee je nach Sorte und vorgesehener Verwendung (Filterkaffee/Espresso) 12 bis 16 Minuten bei maximal 192 Grad; industrielle Kurzzeitröstverfahren dauern etwa zwei bis drei Minuten bei bis zu 600 Grad. Durch Proberöstungen finden wir heraus, was unser Kaffee braucht, um zum Beispiel seine elegante Johannisbeer- oder Blaubeernote zu entfalten. Jede Sorte bekommt ihr individuelles Röstprofil.

Die Verträglichkeit des Kaffees hängt aber auch von der Brühmethode und der Art der Zubereitung ab. So werden zum Beispiel in der klassischen Filtermaschine viele Reiz- und Bitterstoffe herausgelöst, weil das Kaffeepulver sehr lange in Kontakt mit Wasser bleibt. Ein Handaufguss dagegen löst in erster Linie die Geschmacks- und Aromastoffe. Langes Warmhalten auf der Heizplatte bringt übrigens selbst den erlesensten Spitzenkaffee um: Der Gerbsäuregehalt nimmt zu, der pH-Wert sinkt bereits nach 30 Minuten, die Aromen gehen verloren, der Kaffee wird ungenießbar. Dieser häufig gemachte Fehler dürfte für das – völlig zu Unrecht – schlechte Image von Filterkaffee mitverantwortlich sein.